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Aushilfsseitengewehr 88/98 (Carter Nr.45)

Dieses Thema im Forum "Deutsches Aushilfsseitengewehr" wurde erstellt von sleepwalker, Feb. 4, 2009.

  1. sleepwalker

    sleepwalker Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser

    Modell = Aushilfsseitengewehr 88/98 (Carter Nr.45)

    Gesamtlänge = 423 mm
    Klingenlänge = 306 mm
    Laufring Innen-Ø = 2 Durchmesser ca.17,1mm und ca. 15,2mm

    Hersteller = Klingenhersteller wahrscheinlich Pieper "Bayard" Belgien.

    Gewehr = G71, G71/84, 88´er und 98´er Modelle

    Beschreibung:

    Aushilfsseitengwehr S88/98 mit einem S89/05 nachempfunden Griff und einer, an das belgische M1909 erinnerde, Klinge. Da die Abmessungen der Klinge etwas unterschiedlich sind, dürfte es sich um eine im Ersten Weltkrieg neu hergestellte Klinge handeln.
    Da die Klinge völlig identisch mit der einer von Pieper Bayard hergestellen S14 Klinge ist (die Firma Pieper Bayard hat nur Klingen produziert), dürfte dort der Hersteller zu finden sein. Selbst der Schliff der Klinge, bei Hohlkehlen und Schneide, ist völlig identisch. Nur natürlich die Klingenlänge...in Anbetracht der Grifflänge bei fast gleicher Gesamtlänge ist etwas unterschiedlich.

    Die Backen das Laufrings besitzen zwei Durchmesser um sie auf die G71, G71/84 sowie G88´er und die G98´er Modelle aufzupflanzen zu können.

    Diese Modelle besaßen ab Werk IMMER diesen Mündungsring.
    Nur bei beschädigten Mündungsringen wurde dieser entfernt.
    Die "Öffnung" oben im Mündungsring ist eine Aussparung für das Korn des G98

    Der Griff dieses Stückes besteht aus 2 mit der Klinge vernietenden Blechprägeteilen.
    Die Qualität der Fertigung ist, verglichen mit anderen S88/98, noch anehmbar.

    Das Seitengwehr trägt den Truppenstempel: 131.R. R.D. 215. = 2.Lothringisches Infanterie-Regiment Nr.131, Rekrutendepot, Seitengewehr Nr.215.

    Trupenstempel sind sehr selten zu finden bei S88/98.

    Bei der Scheide handelt es sich um eine Scheide aus Stahlblech des Herstellers "Schleif- und Polier-Artikel-Fabrik Friedrich August Göbel" (FAG).

    Ursprünglich war alles feldgrau lackiert. Die Farbe ist abgetragen.


    Anmerkung:

    Die S88/98 wurden ab 1915 von mehr oder weniger fähigen Herstellern produziert und waren von vorn herein nur als Zwischenlösung gedacht, bis genügend S98/05 und S84/98 zur Verfügung standen.
    Notwenig machte dies der schnelle wahnsinig hohe Bedarf an neuen Waffen und die nicht eingeplanten hohen Verlusste. Ein so langer Kriegsverlauf war nie berücksichtigt worden. Die Massenproduktion der S98/05 und S84/98 lief erst in der Folgezeit an. Die meisten Hersteller waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage diese Modelle herzustellen. 1917 erreichte die Produktion erst ihren Höchstpunkt.
    Die Armee behalf sich u.a. mit erbeuteten Waffen, abgeänderten älternen oder erbeuteten Modellen, Vereinfachten neuen Seitengwehren und eben den Ausshilfsseitengwehren, welche als "Seitengewehre 88/98" bezeichnet wurden. Das Wort "Aushilfsseitengewehr" ist eine neuzeitliche Schöpfung.

    In der Zwischenzeit wurden schlecht ausgestattete Betriebe, ohne Erfahrung in der Blankwaffenherstellung, beauftragt S88/98 herzustellen. Zum Teil wurden dadurch bis dahin unbekannte/unkonventionelle Fertigungsmethoden benutzt. Die Formen und Versionen der S88/98 sind vielfältig. Auch kamen neben neu produzierten Klingen, nicht selten ohne Hohlkehlen, oft Klingen von erbeuteten oder älteren deutschen Bajonetten zur Verwendung oder es wurden neue Zubehörteile für diese gefertigt. Von offizieller Seite aus scheinen nur sehr generelle Vorgaben zur Produktion von S88/98 gemacht worden zu sein. Hauptsächlich sollten billige, schnell verfügbare und dienstfähige Seitengewehre produziert werden.

    Genau dies war in den meisten Fällen nicht der Fall. Die Beschwerden von Frontruppen sowie Waffenmeistern, was Qualität, Haltbarkeit und Aufpflanzbarkeit der S88/98 betraf häuften sich.

    Die ersten hergestellten S88/98 waren von ihrer Qualität noch wesentlich besser und versuchten von ihrem Design her die herkommlichen Standardseitengwehre noch zu "imitieren".

    Als die Beschwerden sowie die Produktion von Standardseitengwehren riesige Ausmaße annahmen wurden die S88/98 ab Feb./März 1917 sehr schnell, fast überhastet, verfolgt man den bekannten Schriftverkehr der versch. Truppenteile, ausgemustert.
    Die S88/98 wurden anschließend als Waffenhilfe in die Türkei geschickt.

    Von einem "Notbajonett" wegen Materialmangel gegen Ende das Krieges, wie oft fälschlicherweise behauptet, kann also keine Rede sein und geht an den Tatsachen vorbei. Die Einführung des S88/98 lag einzig an der Situation in sehr kuzer Zeit riesige Mengen an Seitengewehren beschaffen zu müssen.
     

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