Guten Abend, anbei noch eine zweite Frage, die mich schon länger beschäftigt. Weiß einer von euch, nach welchen Kriterie die wehrpflichtigen Männer den Truppenteilen zugeteilt wurden? Konkret geht es mir um die geografische Herkunft und die teils weit vom Heimatort/Heimtabundesstaat entfernt liegenden Regimenter in denen gedient wurde. Ich meine jetzt nicht die Einjährigen, die durften ja frei wählen. Vielleicht mal ein Beispiel. Aktuell habe ich eine Auftragsarbeit, eine Chronik zu einer sächsischen Kleinstadt für ein Jubiläum zu schreiben. Dazu war ich vor Ort im Archiv, habe mir u.a. auch Musterungsakten angesehen. Dabei viel auf, dass etliche auswärtige Männer (u.a. nicht mal gebürtige Sachsen) sich vor Ort zur Musterung melden mussten, auch wenn sie gar nicht aus der Stadt/Königreich Sachsen stammten. Das lag u.a. daran, dass sie am hiesigen Seminar studierten. Mein Urgroßvater mütterlicherseits stammte z.B. auch aus einem kleinen Dorf im Sachsen-Altenburgischen. Seine Dienstzeit von 1911-1913 hat er aber beim FAR 77 in Leipzig-Gohlis abgeleistet. Er war Schmied von Beruf. Ich vermute, das er sich gerade in seinem Musterungsjahrgang auf der Walz in Leipzig befand. War also der Aufenthaltsort entscheidend für die Vergabe des Truppenkörpers? Freue mich auf eure Antworten! Danke und Gruß Immanuel
Hi mein Großvater wurde im Sauerland geboren und hatte eine erste Stelle als Oberlehrer in Leer, von wo er als ungedienter Landsturmman 1915 ins Ldst Inf. Ers. Btl X 23 Leer eingezogen wurde. Er wechselte im Feld zum Ldst. Inf. Ers. Btl. Northeim X 25 und noch später ins mobile Ldst. Inf. Btl. Göttingen X 15. 1917 war er dann Lt. der Landwehr. Sein Geburtsort hatte also keinen Einfluß auf die Einheit, sondern der Aufenthaltsort zum Zeitpunkt seiner Mobilisierung. Deichkind
Aus meiner beschränkten Kenntnis heraus: ja! Müßte doch eigentlich in der Wehrordnung stehen? Deichkind
Hallo! Wehrordnung von 1888 §80 2. Die Rekruten dürfen ihren Aufenthaltsort verändern, haben jedoch derartige Veränderungen ihrer Kontrollstelle innerhalb von drei Tagen anzuzeien, auch beim Verziehen in einen anderen Kontrollbezirk sich dort innerhalb dreier Tage anzumelden. §81 1. Die Gestellung der Rekruten zur Einstellung in die Truppenteile findet im Allgemeinen bei demjenigen Bezirkskommando statt, in dessen Bereich sie ausgehoben sind. Rekruten, welche sich zwischen ihrer Aushebung und dem Zeitpunkt der Gestellung in einem anderen Landwehrbezirk verzogen sind, werden von dem Kommando des Letzteren dem Trupenteil, für welchen sie ausgehoben, unmittelbar übersandt. Ich denke auch, es macht einen Unterschied, ob Frieden oder Krieg ist. Mein Opa mußte sich sicherlich beim Bez.Kdo. Essen melden, weil er in Essen gemeldet war. Seine erste Station war aber die Ers.Abt./Feldart.Rgt.84 in Straßburg. Das war aber im Kriege. Da wurde man wohl da eingestellt, wo dieser Ersatz gebraucht wurde, auch korpsübergreifend. Auch im Frieden war dieses möglich. Man bedenke, daß viele Rekruten in den Reichslanden Elsaß-Lothringen ihren Dienst verrichten mußten, weil man den "Ansässigen" noch nicht so vertraute. (XV., XXI., XVI.AK). Im Frieden wohl nicht üblich, könnte ich mir vorstellen, daß im Kriege oder bei Kriegsgefahr auch jemand aus Thüringen in Schlesien Dienst tun mußte. Die Heereordnung von 1904 sagt in §11, Punkt 3: Die Rekruten werden, sofern sie sich nicht unmittelbar beim Truppenteil zu stellen haben, an den Stellungsorten den Transportkommandos, dessen Stärke die Brigadekommandeure mit Rücksicht auf mögliche Kostenersparnis festsetzen, übergeben. Es gilt also in erster Linie, die Wehrkraft der Truppe zu berücksichtigen, heißt: Man kommt dorthin, wo man gebraucht wird. In der Regel gab es bei jeder Brigade in Gegenden mit einer guten Inrastruktur genug Ersatz, um die Kasernen zu füllen. In der "Pampas" muß dann natürlich auf Leute zurückgefriffen werden, die von weiter weg kommen. Dazu spielt sie Ausbildung der Person eine Rolle. Immanuels Opa war Schmied. Ergo ist die Einberufung zur Feldartillerie plausibel. Mein Opa war Kaufmann, er konnte also mit Zahlen umgehen. Er wurde Richtschütze, ebenfalls bei der Feldartillerie.
Hallo, kleine Ergänzung für Landsturmpflichtige: Im Zuge der Mobilmachung erfolgte auch der Landsturmaufruf. "§ 1 ...........Die Aufgerufenen haben sich sofort unter Vorzeigung etwaiger Militärpapiere bei den Ortsbehörden ihres Aufenthaltsortes zur Landsturmrolle anzumelden." Gruß Landstürmer
Ich danke euch für die gute Zusammenfassung, die das Bild doch etwas klarer werden lässt. Ich bin dennoch immer wieder überrascht, wohin es manche Rekruten verschlagen hat. Erst gestern habe ich einen älteren Herren hier in Jena besucht, dessen Großvater aus einem kleinen Dorf in den Nähe stammte. Dennoch hat dieser seinen dreijährigen Dienst beim Ulanen Regiment Nr. 17 in Oschatz versehen und war vom Beruf her Landwirt. Da fragt man sich doch unweigerlich, wie das zusammenpasst oder? Gruß Immanuel
Hallo Immanuel! Das ist ungewöhnlich! Er hat ja sogar in einem anderen Königreich gedient!. Landwirt und Kavallerie wäre ja sogar plausibel, wenn er ein guter Reiter war. Ich denke fast, er hat sich freiwillig gemeldet, vielleicht ja auch dreijährig Freiwilliger.
Hallo Andreas, das kann gut sein. Ich treffe den Herrn in nächster Zeit nochmals, werde da nochmal einen Blick in den MP werfen, den gibt es nämlich noch. Gruß Immanuel