↑ ↓

Heirat als preußischer Offizier

Dieses Thema im Forum "Schnell gefragt" wurde erstellt von Senfgeber, Feb. 5, 2023.

  1. Senfgeber

    Senfgeber Bekanntes Mitglied AbzeichenUser

    Servus nochmal,

    eine Freundin von mir hat mir erzählt, dass man als aktiver preußischer Offizier (vor und im Krieg) erst mit um die 30 heiraten durfte und auch das Einverständnis vom Kommandanten brauchte. Kann mir das wer bestätigen? Am besten mit Primärquelle. Wenn das eine Vorschrift war, muss es ja irgendwo aufgeschrieben sein.

    Liebe Grüße und Vielen Dank!
     
  2. Ruhrpottpreuße

    Ruhrpottpreuße Administrator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenAdmin AbzeichenSponsorNeu

    Hallo Felix!
    Die D.V.E. Nr.3 "Kompendium über Militärrecht" sagt im Militärstrafgesetzbuch Teil II, §150:
    "Wer ohne die erforderliche dienstliche Genehmigung sich verheiratet, wird mit Festungshaft bis zu drei Monaten bestraft; zugleich kann auf Dienstentlassung erkannt werden.
    Auf die Rechtsgültigkeit der geschlossenen Ehe ist der Mangel der dienstlichen Genehmigung ohne Einfluß."

    Die Militärpersonen des Friedensstandes (R.M.G. § 40) und die vorläufig in die Heimat beurlaubten Rekruten und Freiwilligen (R.M.G. § 60 Nr.4) bedürfen zur Verheiratung der Genehmigung ihrer Vorgesetzten oder der Militärbehörde; da aber Abschnitt 11 des M.St.G.B. nicht auf Rekruten und Freiwillige (R.M.G. § 56 Nr.2-4, § 60 Nr.3) für anwendbar erklärt worden ist, so unterliegen diese nur der Disziplinarbestrafung.
     
  3. Senfgeber

    Senfgeber Bekanntes Mitglied AbzeichenUser

    Vielen Dank!
    Ist an der Sache mit dem vorgeschriebenen Alter etwas dran?
     
  4. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Andreas,

    da muss man nicht auf die untergesetzliche Normsetzung ausweichen.

    Das war reichseinheitlich im Bürgerlichen Gesetzbuch in den Fassungen bis 1938 geregelt.
    § 1315:
    Militärpersonen und solche Landesbeamte, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine besondere Erlaubniß erforderlich ist, dürfen nicht ohne die vorgeschriebene Erlaubniß eine Ehe eingehen.

    Ausländer, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine Erlaubniß oder ein Zeugniß erforderlich ist, dürfen nicht ohne diese Erlaubniß oder ohne dieses Zeugniß eine Ehe eingehen.

    https://www.koeblergerhard.de/Fontes/BGBDR18961900.htm
     
    Ruhrpottpreuße gefällt das.
  5. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Moin Senfgeber,

    Jede "Militärperson" brauchte diese Erlaubnis.
    Also auch der Generalfeldmaschall benötigte diesen Ehekonsens
    (erinnert sei an die Blomberg Affäre)

    Allgemein üblich war aber, dass der Konsens für Offiziere erst mit dem Dienstgrad Hauptmann und der Dienststellung Kompaniechef erteilt wurde. Erst dann war man in der Lage, finanziell eine Familie zu unterhalten.
     
    KIR und Alpenkorps1915 gefällt das.
  6. karli

    karli Moderator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenMod AbzeichenSponsorNeu

    der Einfachheit ja und unter Beachtung auch der finanziellen Lage der Damen
    Siehe hier: " Das bayrische Offizierskorps 1815-1866", (Krieg in der Geschichte Band 63)

    https://www.schoeningh.de/display/book/edcoll/9783657770458/B9783657770458-s026.xml
    ( Ist zwar vor der Grundung des deutschen Reiches ,aber es hat sich hier nicht viel geändert)

    Bezüglich Erlaubnis:
    hier wird gerade die Erlaubnis eines Wachtmeisters im Netz angeboten:
    https://www.ebay.de/itm/293804222216

    Gruß
     
    kb_rir2 gefällt das.
  7. Ruhrpottpreuße

    Ruhrpottpreuße Administrator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenAdmin AbzeichenSponsorNeu

    Da fällt mir die Redewendung "Schulden haben wie ein Major" ein...
    Aus "Das kleine Buch vom Deutschen Heere" (1900)
    Einkommensverhältnisse:
    1.jpg 2.jpg 3.jpg
     
  8. Deichkind

    Deichkind Super-Moderator / Ehrenmitglied Mitarbeiter AbzeichenSumo

    Ich habe eine Heiratserlaubnis für einen prreußischen beurlaubten Landwehrmann von 1833. Diese Regel wird aber noch viel weiter zurück gehen, wahrscheinlich mindestens bis zur Etablierung stehender Heere.
    D.
     
  9. karli

    karli Moderator / Sponsor Mitarbeiter AbzeichenMod AbzeichenSponsorNeu

    Noch zur Ergänzung:
    Bestimmungen über die Eheschließung von Offizieren des Königlich Preussischen Heeres: Auf Grund der Heirats-Verordnung v. 25. Mai 1902.von Paul Oettinger, Hauptmann a.D.
    verlegt bei Eisenschmidt, Berlin 1909.( 2.Auflage) eine dritte Auflage erschien im Mai 1918

    Gruß
    Rainer
     
  10. kb_rir2

    kb_rir2 Sehr aktives Mitglied / Sponsor AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Das sind ja irgendwie traurige Hinweise auf den inneren Zustand der deutschen Streitkräfte, die noch in pseudo-feudalen Verhältnissen verharrten, während es bereits ein Heer von (auch akademisch) gut ausgebildeten jungen Jahrgängen gab. Diese offensichtliche Negativauswahl hat sich gewiss nicht förderlich auf eine rasche Anpassung an wechselnde militärische Lagen ausgewirkt. Man ist entsetzt über die rituellen Hahnenkämpfe, die sich diese dem "Anciennitäts-Prinzip" verhaftete alte Feudal-Kaste selbst noch bei akuter Feindbedrohung lieferte.
    Die obigen Beispiele lassen mich auch darüber nachdenken, ob die "Kriegsbegeisterung" nicht auch von dem Wunsch getragen war, den eigenen "Vermögensstock" rasch aufbessern zu können. Irgendjemand müsste sich die Mühe machen, die reichlich verhängten Kontributionen und Beschlagnahmungen einmal zusammenzuzählen. Es scheint nicht überall eine Quittung ausgestellt worden zu sein und ob alles Geld der Staatskasse zugeführt worden ist, scheint mir auch nicht sicher zu sein.

    Karikatur im Simplicissimus:
    thöny_simpl_zuchtwahl.png
     
    Ruhrpottpreuße und karli gefällt das.
  11. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Richtig.

    Der §1315 BGB idF von 1900 (gültig bis 1938 s.O.) orientierte sich an den §§34 und 35 des Allgemeinen Landrechts für die preussischen Staaten, Zweiter Teil von 1794.

    Ehen der Militair-Personen.

    §. 34. Officiere, welche in wirklichen Kriegsdiensten stehen, können ohne königliche Erlaubniß nicht heirathen.

    §. 35. Bey Unterofficieren, Soldaten, und allen, welche gleich diesen zur Fahne geschworen haben, wird die Einwilligung des Chefs oder Commandeurs von dem Regimente, Bataillon, oder Corps, zu welchem sie gehören, erfordert.

    https://opinioiuris.de/quelle/1623#Erster_Abschnitt._Von_den_Erfordernissen_einer_gueltigen_Ehe
     
    Ruhrpottpreuße gefällt das.
  12. Maxim

    Maxim Sehr aktives Mitglied AbzeichenUser AbzeichenSponsorNeu

    Sachte

    Nicht nur in Deutschland stand man zu der Zeit dem Konzept der "Liebesheirat" über gesellschaftliche (oder religiöse und wirtschaftliche) Schranken hinweg, skeptisch gegenüber.
    Man lese vielleicht mal wieder Schillers Kabale und Liebe oder Strindbergs Fräulein Julie um ein Gefühl für diese Zeit zu bekommen.

    Nur bei Militär und Teilen der Bürokratie, den wesentlichen Säulen des Staates, waren hier die Vorbehalte auch gesetzlich normiert. Pappa Krupp konnte den nicht standesgemäß verbandelten Sohnemann nur enterben.


    Konkrete Einzelbeispiele für den militärischen Bereich sind selten. Das waren ja Familiengeheimnisse. Aber für den bayerischen Bereich gibt es da was. Der Name Allfred Jodel wird dem einen oder anderen etwas sagen.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Jodl

    Geboren 1890 als unehelicher Sohn des bayerischen Hauptmanns Jodel und der Bauerntochter Theresa Baumgärtler. Mutter also nicht standesgemäß. Jodel heiratete Theresa erst nach seinem Abschied vom Militärdienst und legitimierte dann seine Kinder.

    Ähnlich Erwin Rommel, der seine uneheliche Tochter mit einer Traffikantin als seine Nichte ausgab.

    Scheinheiligkeit war kein Privileg des Adels.

    "Anciennität" ist was anderes.
    Das bedeutete einfach nur, dass man im Regelfall nach der Rang -und Altersliste befördert wurde.
    Also auch ohne gute Beziehungen zum Hof und dem Militärkabinett.
    Eine sehr fortschrittliche Einrichtung zu einer Zeit, als in England Offizierstellungen käuflich waren und Offiziere ohne Vermögen keine Aussicht hatten, über den Dienstgrad Major aufzusteigen.

    Deine Aussagen zum "Vermögensstock" sind mir nicht ganz klar,. Insbesondere was sie mit der Heiratserlaubnis zu tun haben.
     
Helmut Weitze Deutsche Gesellschaft für Heereskunde Heeresgeschichten Military-Books 1418 IR 69 Deutsche Gefallene des 1. Weltkrieges RIR 68 Ordensforum Military-Books 1418 DGW Military-Books 1418