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Zeugnis der Reife zum Offizier

Dieses Thema im Forum "Sonstige Urkunden" wurde erstellt von Hanseat, Juni 17, 2008.

  1. Hanseat

    Hanseat Ehrenmitglied Ehrenmitglied AbzeichenUser

    Beförderung zum Leutnant.

    "Eine Beförderung zum Leutnant ist natürlich auch schön, aber sie hat nicht den Reiz, wie eine Beförderung zum Unteroffizier. Wenn man Unteroffizier ist, müssen einen 500.000 Soldaten grüßen - wenn man Leutnant wird, ebenfalls, aber der Reiz der Neuheit ist vorbei. Außerdem weiß man ganz genau, wann dieses Ereignis eintritt, auf den Tag und die Stunde kann man es sich ausrechnen - ergo fällt das Überraschungsmoment weg - und dann ist es natürlich nur die halbe Freude.

    Also ich war von Kriegsschule zurück, war Degen-Fähnrich geworden - Halt, das muss ich erst hier als Sonderkapitel schildern - also:

    "Meine Beförderung zum Degen-Fähnrich"

    An dem Tag war gerade eine japanische Studien-Kommission bei uns zu Gast, an der Spitze ein Marschall Togo oder Nogi oder irgend so ein berühmter Scheich. Ein großes Festessen war geplant und kurz vor dem Schausaufen versammelte Rothardt die Offiziere des Bataillons zur "Offiziers-Wahl" im Kasino. Ich hatte keine Ahnung, was los war, als auf einmal Leutnant Arnade ins Lesezimmer hereinplatzt und mich anschreit: "Fähnrich! Sofort zu Herrn Major!"

    Ich eile unter seiner Führung in den Speisesaal, wo das ganze Offiziercorps den Scheich halbkreisförmig umgibt. Ich baue mich in der Mitte auf: "Fennrich Tröbst zur Stelle."

    "Also Fennrich" - beginnt Major Rothardt - "also Fennrich, das Offiziercorps des Bataillons ist der Ansicht, dass Sie würdig sind, in die Reihen der Offiziere aufgenommen zu werden - ich erteile Ihnen hiermit die Erlaubnis, den Offizierssdegen anzulegen!"

    "Zu Befehl, Herr Major!" Sage ich - mache Kehrt - und verschwinde.

    Kinder! War ich froh! Endlich den blauen Offiziers-Überrock! Allerdings mit Mannschaftsachselklappen. Schadet nichts! Der lange Degen knirschte im Ledergehenk! Endlich! Die erste Stufe zur Unsterblichkeit erklettert!!!

    Nun aber im Text weiter: "Meine erste Beförderung zum Leutnant!" Wie ich schon sagte, wusste man das Datum ganz genau - 18. August. Am 17. spätestens kam dann das Telegramm aus dem Militärkabinett in Magdeburg an - ergo brauchte man bloß telefonisch bei der Registratur des Generalkommandos anzufragen. Und das tat ich denn auch. Ich saß voll rasender Spannung im Kasino und hatte mir den Fähnrich Schulz eingeladen. Es war am Mittwoch, so gegen 6:00 Uhr abends. Wir tranken Mosel. Ich war eine einzige fieberhafte Erwartung.

    Eine Ordonanz trat ein:
    "Herr Leutnant möchten ans Telefon kommen"...
    Schulz schrie los: "Mensch! Ich gratuliere!"
    Ich eile hinaus ans Telefon: "Hier Fähnrich Tröbst, Pionierbataillon 4"
    "Hier Generalkommando 4. Armeecorps A. Ka. Registratur. Also Herr Leutnant, eben ein Telegramm gekommen, Herr Leutnant sind Leutnant geworden!"
    Ich taumelte zurück.
    Welche Perspektiven !!!!!!
    Leutnant!
    Königlich-preussischer Leutnant! Kinder!

    Obwohl der anständige Mensch um 7:00 Uhr abends in Uniform nicht mehr auf den "Breiten Weg" ging, ich hab's doch getan - was glaubt Ihr wohl, was meine Achselstücke in den Schaufenstern geblitzt haben !!!!!

    Aber die schönste Freude hatte ich doch am anderen Morgen! Niemand hatte an diesem Tag meiner gedacht, nicht meine Mutter noch mein Bruder, nur mein Mädel aus Koblenz - die kleine Leni. Und die telegrafierte mir:

    "Dem frisch gebackenen Leutnant alles Gute "
    Kinder - das war das Schönste meiner Beförderung zum Leutnant.
    Kleine Leni - wo magst du jetzt stecken? Denkst Du auch noch manchmal heute an den kleinen Fähnrich aus Engers zurück - so wie ich es jetzt tue, wo ich im Jahr des Heils 1922 diese Erinnerungen schreibe?
    Vanité des vantées, dit l' ecclesiaste...
    Tout est vanite..."
     

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